Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 4. August 1925


im ersten Stock über der Ankunftsseite, so dass man jedes Auto kommen
und abfahren hört; es liegt genau an der Treppe und vor dem Aufzug,
genau neben dem Läutwerk, so dass man jeden Augenblick durch den
schrillen Ton irgend einer Glocke aufschreckt. Jeder Mensch muss an
meiner Tür vorbei – kurzum Du wärst nach 5 Minuten davongelaufen.

Ich war gestern Abend so schläftig, dass ich trotzdem
eingeschlafen bin, aber ob es mir nochmals gelingen wird? – - Dafür
sind notwendige Nebenräume nur durch zwei lange Gänge erreichbar.

Der Direktor sagt, dass sich in den nächsten Tagen viel-
leicht etwas anderes finden wird, aber natürlich wird es wenigstens
um 5 Lire im Tag mehr kosten. Sollte ich nicht schlafen können, so
werde ich mich dieser Erpressung fügen müssen, denn schlafen muss
man.

Ganz fürchterlich aber sind die Menschen hier. Die
meisten sehen aus wie Juden aus der Taborstrasse. Einige wie aus
Breslau und Teplitz und ganz wenige 3-4 dürften Provinzarier sein.
In der Schwimmanstalt lagen sie heute zu scheusslichen Klumpen ge-
ballt. Ich habe nur Cary begleitet, denn 1. war ich noch etwas müde von
der gestrigen Fahrt und 2. war mir trotz blauem Himmel und Sonnen-
schein nicht warm genug, mich nach dem kalten Wasser zu sehnen. Viel-
leicht morgen. Mich ekelt die Nähe der vielen Nacktheiten, Männlein
und Weiblein. Cary hat vergeblich nach einem Badeflirt ausgeblickt.

So, nun weisst Du alles Wissenswerte von Riva, wenigstens
wie ich es bis jetzt beurteilen kann und nun will ich Dir noch sagen,
dass, als ich gestern Abend den Mond sah und den grossen funkelnden
Stern gleich daneben, da dachte ich nur, dass sie nun genau so strahlend
über Deiner Terrasse stehen und dass sie mir dort viel lieber sind.-
Das klingt vielleicht ganz dumm und sentimental und wenn ich mir Mühe