Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 21. März 1925

An A.S.,Berlin.

Wien, 21.3.1925. Hotel Regina.

Liebster,

ich schrieb Dir heute Früh in grosser Eile und will nun rasch
noch einiges nachtragen. Ich sitze hier in Erwartung von Emmy Erl. und
Lotte M., aber – ich kanns erwarten. Mir ist vor diesen Weibergesprächen
eher mies und es ist ein Jammer, dass ich nur die Wahl habe zwischen
Alleinsein und solchen Zerstreuungen, ich brauchte ganz andere.

Ich habe Deinen lieben Brief von heute Früh jetzt am Divan
liegend in Ruhe nochmals gelesen. Es ist eigentlich sehr nett von mir,
dass ich gar nicht eifersüchtig bin, wenn Du mit jungen Damen in
der Hotelhalle prasst und mit ihnen spazieren wandelst und mit Schau¬
spielerinnen nachtmahlst.

Ich verstehe nicht ganz zu warum Heini von dem Münchner Aufent¬
halt seiner Freundin eine »Lösung« erhofft. Wenn er sie liebt, bedarf
es doch keiner Lösung und Missverständnisse kann eine Trennung nur
fördern. Wenn er sie aber nicht liebt, dann wäre es doch besser ehrlich
zu sein. Jedesfalls freue ich mich, dass Euere Beziehungen diesmal wär¬
mer und herzlicher zu sein scheinen.

Heute Mittag ging ich am Graben an Lily vorbei. Wir grüssten
uns mehr als kühl. Ob das so hat kommen müssen? Ich glaube nicht, aber
nun ist auch das vorbei! -

Um ein Zimmer für mich sehe ich mich nicht weiter um, da ich
ja doch am 22. April spätestens von hier fortfahren will. Ich bin
schon neugierig, mit was für Projekten Du zurück kommst. Ich hoffe, Du
hast auch ein bisl über uns Beide nachgedacht, wenn ich auch zugebe, dass
Du in dem Trubel, in dem Du fortgesetzt lebst, wenig Zeit dazu hast. Der
»Weiher« scheint auch seinem Namen Ehre zu machen und still und stumm
dazuliegen. Aber die Hauptsache ist, dass Du Dich wohl zu fühlen scheinst
und Dir die Abwechslung gut tut.

Gestern hab ich wieder den ganzen Nachmittag gearbeitet und