Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 19. März 1925


Es ist nichts dagegen einzuwenden. Von meiner Konkurrenz hast Du
nichts zu befürchten, da vor Sommer eine Veröffentlichung gar nicht mehr
in Aussicht steht, – und überdies eventuelle Doppelveröffentlichung
[(]Berlin und Wien) erst Samstag oder Montag im Bureau Ullstein (einen
der 5 Brüder lernte ich neulich im Esplanade kennen) entschieden wer-
den wird.–Mit dem letzten Absatz aus der neuen Erzählung, die Du mir
gesandt, in seiner jetzigen Form bin ich nicht ganz einverstanden -es
klingt zu sehr nach Zeitungsnotiz.

Hoffentlich wird Deine Unterredung mit Rudis Onkel nicht
ganz ohne günstigen Folgen bleiben, so weit hier ein äusserliches Eingrei¬
f en überhaupt Erfolg verspricht; – den richtigen Arzt zu finden wäre
freilich das Wichtigste, -nicht nur einen für die Dauer eines Consi¬
liums, – sondern einen ständigen Berater.

Von einem Eisenbahnstreik hört man hier überhaupt nichts; -
und auch sonst sehe ich keinerlei Gefahren am Horizont erscheinen. Und
wenn ich durch eine Kugel sterben sollte (was mir nicht wahrscheinlich
ist) – hundert gegen eins wette ich, dass der Attentäter nicht Weiss
heiss[en] wird.

Die Aufführung des »Märchen[s]« war eine Sensation im negati¬
ven Sinn – man hat selten in Berlin eine jämmerlichere Aufführung ge¬
sehen. Was das problem des Stücks anbelangt, so wird es meiner Ansicht
nie veraltet sein: – es handelt sich ja um keinen sozialen, sondern um
einen innerlichen Conflikt. Aber man müsste natürlich allerlei im
Dialog ändern. Mit einem guten Fedor (so in der Kainz Art) müsste
das Stück auch heute noch wirken.– Die nötigen Notiz von P. G. in der
Neuen Freien Presse ist säuerlich und nicht sehr gescheidt.-

Und nun, mein liebes Kind, will ich Dir Adieu sagen, Dich noch
einmal oder öfter ans Herz drücken und Dir tausend innige Grüsse und
Küsse senden. Dein A.