Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 27. Januar 1925

An A.S., Schweiz.

Wien, 27.1.1925. Hotel Regina.

Liebster,

ich will Dir noch rasch auf Deine gestrige kurze
und heute eingetroffene lange Kritik des »Ewigen Studenten« ant¬
worten. Gestern ward es mir nicht möglich zu schreiben, denn ich lag
mit den qualvollsten Schmerzen zu Bett und beschränkte mich auf eine
Karte. Heute geht es mir ein bisserl besser, ich habe wenigstens nicht
fortwährend diese entsetzlichen Schmerzen im Kreuz. Dr. Bloch be¬
hauptet nach wie vor, es sei ein arger Hexenschuss, bei dem die Nervenwur¬
zeln in Mitleidenschaft gezogen sind. Jedesfalls liege ich nun
schon den 5.Tag.

Für Deine eingehende Kritik meiner Novelle bin ich
Dir unendlich dankbar und werde die betreffenden Stellen gewissen¬
haft korrigieren, einige sind übrigens »Druckfehler«, wie das Leichen¬
gift. Warum Dir das Schicksal der Mila näher geht als das des
Eusebius, verstehe ich nicht. Für sie scheitert nicht, – wie Du an¬
nimmst, eine letzte Frauenhoffnung, sondern ein Frauenehrgeiz, und
das flösst mir keine Teilnahme ein. Jedenfalls danke ich Dir für
alles, was Du für und gegen meine kleine Arbeit gesagt hast. Aber
vielleicht hätte ich mich über irgend ein warmes Wort mehr gefreut,
vielleicht sogar – habe ich eines erwartet. Möglicherweise auch
dadurch, dass Frieda so ergriffen und entzückt schien und auch mein
Bruder Otto, der sie gelesen hat und sie hervorragend gut fand. Aber
da Du ja viel mehr verstehst, wirst Du wohl mit allen Einwendungen
Recht haben.

Ich habe an Benedikt geschrieben und angefragt,ob ich
ihm die Novelle einsenden soll. Entschuldige, wenn ich heute nicht
mehr schreibe, aber ich bin sehr müde und matt. Gestern wollte mir
Bloch schon eine Morphiuminjektion machen, aber ich weigerte mich.
Ich hoffe, die letzten Spuren Deiner Grippe sind schon gänzlich
geschwunden und ich wünsche Dir für Deinen weiteren Aufenthalt dort
nochmals alles Gute und eine sehr glückliche Heimreise. Es umarmt
Dich Deine

C.K.