Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 12. Januar 1925

Ich habe heute schon ziemlich viel an der neuen Novelle geschrie[ben.]
und die langen Brief[e] an Dich – kein Wunder, dass mir der Arm schon
weh tut. Gestern in Mödling las mir Anna wieder ein Kapitel ihres
neuen Romanes vor, das wirklich ganz ausgezeichnet ist. Sie ist jetzt
mit der Hälfte fertig und schickt sie nach München an Ephraim F.
Hast Du Thomas M. in München gesprochen? Ich konnte das nicht recht
entziffern.

Nun bist Du ja schon ohne Lili und ich bin neugierig, zu hören, wie das
Zusammentreffen mit O. war. Heute Abend und wohl jetzt, während ich an Dich
schreibe, liest Du wohl in Freiburg. Es ist 9 Uhr und es wird für mich
enilich Zeit zu nachtmahlen. Nachher will ich noch die Johanna wei¬
terlesen, die mir Frieda P. gestern brachte und ich in der heutigen
recht schlaflosen Nacht zu lesen begonnen habe. Morgen werde ich wie¬
der etwas mondainer leben – Vormittag in die Stadt, Nachmittag Emmy
Erlanger, Abend Fredi und Kino. Für heute gute Nacht. Vielleicht schreibe
ich morgen noch ein paar Zeilen, ehe ich den Brief aufgebe.

13.1. Guten Morgen! Eben kommen Deine lieben Zeilen aus Baden-Baden.
Mir ist gar nicht als kämen sie aus einer mir bekannten Gegend, sondern
aus einer fremden, sehr fernen Stadt.

Ich freue mich, dass Du Dich wohl fühlst und da die grösste Hetzerei
nun überstanden ist, wirst Du Dich hoffentlich auch erholen.
Ich habe heute besser geschlafen, aber der Tag ist grau, dichter Nebel,
sogar jetzt noch um ½10 Uhr. Ich will aber trotzdem später an die
Luft Bewegung machen. Einen herzlichen Kuss.

Clara Katharina.