Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 12. August 1924

12.8.1924. Seelisberg.

Liebster, um 9 Uhr brachte die Post Deinen lieben Brief vom 11. und
ich brauchte eine volle Stunde, um ihn zu entziffern. Also Deine
Schrift ist viel unleserlicher als die meine. Aber das macht nix!
Jedenfalls habe ich Deinen Zeilen entnommen, dass Du recht vergnügt
und gesellig lebst, was kein Vorwurf, sondern nur eine Konstatierung
sein soll.

Deine weiteren Pläne sind mir etwas zu undeutlich und ich sehe gern
klar.

Ich komme natürlich auch nach St. Moritz, wenn Du mir ein Stück sagen wir
bis Chur entgegenfährst, aber ob es einen Sinn hat weiss ich nicht.
Nachdem ich jetzt die ganze Zeit allein war, möchte ich zu einem behag¬
lichen Zusammensein gelangen und nicht zu einem enervierenden Hin- und
Hergeziehe. St. Moriz wäre statt Seelisberg am Platz gewesen – jetzt -
hielte ich ein Zusammentreffen in Luzern für richtiger. Ich könnte Dich
auch in Brunnen abholen, wohin Du es von dort viel näher hast und ich
ganz nah. Wir könnten dann zusammen gleich weiter nach Luzern. Es ist
von hier aus nach Lugano auch viel näher als vom Engadin. Du könntest
mich vielleicht morgen Donnerstag zwischen 1-2 oder 8-10 Uhr Abend
telefonisch anrufen, damit wir uns verständigen. Ich hatte schon gestern
Lust Dich anzurufen, aber ich weiss ja nicht wann Du in Celerina bist.
Ich möchte Dich jedesfalls spätestens Sonntag treffen, (Ende der näch¬
sten Woche werde ich voraussichtlich nicht sehr reiselustig sein), ei¬
nen Ort gemeinsam wählen, von wo aus man Ausflüge in die Umgebung
machen kann. Gegen Ende des Monats südwärts gegen Lugano oder
Locarna oder wohin Du willst und gegen 6. oder 9. September, wenn Du
Lili abholst, fahre ich nach Wien zurück.

Wenn Dir St. Moritz aber doch lieber ist, dann sieh Dich dort um ein
Zimmer für mich um, ich möchte aber nicht gerne mehr als 14 Francs
ausgeben und gut wohnen. Colonna soll gut sein oder das »Privathotel«.
Ev. »La Margna«. Aber überleg es Dir gut. Ich möchte, dass