Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 11. August 1924


mich mässig; – statt des allzu opulenten Diners -Thee mit Schinken.
Lese Wassermannsche Novellen (Der Geist des Pilgers) und Jenseits von
Gut und Böse! S.Fischer telefoniert aus Flims, Lichtensterns aus Locarno,
dass sie Ende der Woche hieher kommen möchten (sie hatten zuerst in Zuoz
angerufen, wo ich mich befinde (um Missverständnissen vorzubeugen).
Von Herterich noch keine Nachricht! Lili muss jedesfalls am 15. in Wien
sein wegen Nachprüfung; Olga kommt vorläufig nicht nach Wien; sondern
besucht vorerst Frau Koppel in Köln und vielleicht eine andere Familie
(Name entfallen) in Berlin. Also begleite ich jedesfalls Lili nach Wien.
Und werde kaum viel später als Du wieder zuhause sein (wohl schon am 7.
oder 8.). Nun, mein Liebes, möchte ich Dir einen Vorschlag machen. Möchtest
Du nicht – wenn das Wetter den gleichen Charakter beibehält, ins Engadin
kommen? Am besten nach St. Moritz, – in welchem Fall wirs am bequemsten zu
einander hätten. Heini fährt am Sonntag fort, Lili und Olga bleiben vo¬
raussichtlich in Zuoz; – Du und ich, wir würden dann vom Engadin aus an
einen italienischen See gehen, bis ich Lili – entweder in Zuoz (unwahr¬
scheinlich) oder vom Vierwaldstättersee aus abholen müsste.–Ist Dir
aber die Reise herauf unbequem, so würde ich natürlich Dir entgegen;
entweder Luzern oder Bern, ( es wär gar nicht undenkbar, dass mich Lichten¬
sterns in ihrem Auto da hinunter brächten).

Deine lieben schönen Briefe aus S[e]elisberg waren mir ein Labsal (obwohl
Du eine noch schlechtere Schrift hast als ich). An dem Vierwald¬
stättersee bin ich aber unschuldig; – (ebenso wie an dem zu dicken Doktor
und der arischen Frau Weiss; – von Hermine, Heymerle und Liane gar nicht
zu reden.-).

Nun, mein Liebstes, nehme ich mir den 2.Akt mit und spaziere in den Wald.
Heut hab ich einen ganz einsamen Tag: es wird dem Weiher hoffentlich
förderlich sein. Ich umarme Dich zärtlich. A.