Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 30. Juli 1923

Baden-Baden, Waldparksanatorium,
30.7.1923.

Liebster Freund. Ich eile Deine Zeilen wunschgemäss rasch zu beant¬
worten, damit sie Dich sicher vor Deiner Abreise erreichen und lege
eine Karte bei, die ich eben aus Feldberg erhielt. Ich dürfte noch
Näheres über F. durch eine Tochter des Dr. Heinzheimer hören, die in den
allernächsten Tagen von dort zurückkommt. Wenn Du bei der Feldberg¬
Idee bleibst, so könnte man die Woche vorher, bis Zimmer dort zu haben
sind, in einer Zwischenstation verbringen. Mir wurde von Dr. H. Freuden¬
stadt sehr empfohlen. Soll 700 Meter hoch sein, sehr gute Hotels haben
und ist von hier mit Auto erreichbar. Es ist kein Umweg, wenn man dann
auf den Feldberg will. Mein Visum in die Schweiz besorge ich mir auch
auf alle Fälle. Ich bleibe jedenfalls nach Deiner Ankunft in Baden-
Baden noch 2-3 Tage, ev. auch länger und gehe dann direkt an eine[n]
Ort, wohin Du mir folgst. Ob wir dann im selben Hotel bleiben, wie
lange u.s.w.u.s.w., alle diese Details besprechen wir besser mündlich.
Ich möchte nur nicht allzu oft den Aufenthalt wechseln, weil das ent¬
schieden jede Erholung beeinträchtigt, und ich eine solche sehr nötig
habe.

Ich war heute Vormittag unten in der Stadt – es ist leer,
keine Saison und unbeschreiblich teuer. Dabei sind die guten Ge¬
schäfte gar nicht offen und die andern fast ausverkauft. Ich be¬
dauere schrecklich, dass ich mir in Wien nicht alles kaufte, was ich
für den Sommer gerne wollte. Ein hässliches gestricktes Kostüm kostet
jetzt hier 20 Millionen. Dass »keine Saison­« ist kränkt mich gar nicht,
denn ich will mich möglichst wenig von hier oben fort rühren, wo es
wunderbar schön und still ist. Es sind nur wenige und farblose Gäste
hier bis auf zwei liebe junge Mädeln aus Brasilien, die ich vom Semme¬
ring her kenne. Sie haben viel mit Carly getanzt und uns auch in Wien
besucht. Sie gehen übrigens schon Mittwoch fort.–Ich denke mir, dass
Du Freitag Wien verlassen wirst (wenn nicht schon Donnerstag), denn