Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 29. Juli 1923

Baden-Baden, Waldparksanatorium,
29.7.1923.

Sei nicht böse. Lieber, wenn ich heute nur wenig schreibe, aber ich habe
eine schreckliche Reise hinter mir. Wegen der französischen Besetzung
war ich von gestern Mittag bis heute 9 Uhr unterwegs, kam um Mitter¬
nacht nach Karlsruhe und hatte erst heute Früh Anschluss. Es war sehr aben¬
teuerlich und ich werde mündlich berichten.

Hier erwartete mich mein vorjähriges Zimmer und Rosen von Dr. Heinz¬
heimer. Ich legte mich gleich zu Bett und stehe vor Abend nicht auf.
Ich liege still und müde da, schlummere manchmal ein wenig oder blicke
in den Garten hinaus und denke an Dich.– Hoffentlich kommst Du bald!
Ich freue mich schon sehr. Morgen schreibe ich wieder einen langen
Brief. Heute nur vielen Dank für den Deinen, der vor meiner Abreise
von Weimar kam. Ich bin sehr froh, dass Du mit Deiner Arbeit zufrieden
scheint und bin schon neugierig über alles mit Dir zu sprechen. Ich
möchte Dir gerne noch vieles sagen aber ich kann heute nicht. Es ist
eine grenzenlose Erschöpfung in mir. So sende ich nur meine Gedanken,
die sehr lieb und warm sind. Fühlst Du das?

Deine

Clara Katharina.