Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 24. Juli 1923

Weimar, 24.7.1923

Hotel Erbprinz, Abends 10 Uhr.

Heute Früh, mein Freund, kam Dein Telegramm und nun weiss ich nicht
ganz genau, ob Du den Expressbrief meinst, den ich gestern erhielt und
schon beantwortet habe oder ob ich noch einen andern abwarten soll.-
Wenn ich nun keine anderen Weisungen mehr von Dir bekomme, so denke ich
am 28. Abend in Baden-Baden einzutreffen und im Waldparksanatorium
Deine Ankunft abzuwarten.

Vielleicht kommst Du einen Tag früher an, damit wir uns sprechen können,
ehe Du Deinen Sohn triffst. Du kannst mich im Sanatorium oben besuchen,
wo uns sicher niemand sieht oder ich treffe Dich unten in Baden-Baden
auf einem Spaziergang oder wo Du willst. So lange Du mit Heini bist,
bleibe ich dann eventuell in der Nähe, in Wildbad oder Feldberg oder Bo-
densee (keinesfalls Inselhotel). Aber das besprechen wir wohl besser
mündlich auch den Ort, wo mir uns nachher treffen, wenn Du wieder allein
bist. (25.7. 7 Uhr im Bett).

Ich bin auch sehr für einen Höhenort, glaube, dass nur Höhenluft die
richtige Erholung ist und mir ist jeder Punkt lieb, den Du wählen wirst,
sei es im Schwarzwald, sei es in der Schweiz. Ich werde indessen mit
verschiedenen Hotels in Fühling treten, mir auch in der Umgebung man¬
ches ansehen, um Dir berichten zu können. Bitte schreibe mir, wo Deine Fa¬
milie sich derzeit aufhält. Wenn Du mir auch selbst letzthin vorgeschla¬
gen hast uns in Baden-Baden zu treffen, so möchte ich doch eine Begeg¬
nung mit Deiner Frau nach Tunlichkeit vermeiden, und schon um Deinet¬
willen peinliche Situationen zu evitieren.

Von der Cobenzlidee bin ich abgekommen, erstens weil Du ja in den ersten
Augusttagen jedesfalls nach Deutschland kommst und es 2. aus Rücksicht
auf unser zeitweises späteres Zusammensein besser ist, wenn ich Dich
jetzt allein lass. Ich würde Dich ja doch ein bisserl stören, wenn ich
in der Nähe wäre, nicht wahr?!