Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 20. Juli 1923


einen schrecklich enervieren.

Direktor F. riet mir dringend nach Oesterreich zurückzufahren, da ein
Herumreisen für eine Dame allein ganz unmöglich ist, wie die Ver-
hältnisse jetzt liegen. Es kommt nun Folgendes in Betracht:

Ich könnte nach Bade-Baden gehen, wenn ich Sanatorium Dr. Heinzheimer, wo
ich gut aufgehoben wäre, Platz finde und die Preise erschwinglich sind.
Ich schrieb gestern für alle Fälle dahin. Ich könnte Dich dann dort
oder in der Nähe treffen und Zeitweise mit Dir zusammen, zeitweise in
erreichbarer Nähe sein. Oder: Ich fahre am 27. oder 28. nach Wien und
gehe auf den Cobenzl und wir besprechen dann mündlich alles Weitere,
eventuell einen Aufenhalt in der Schweiz. Sollte Dir die Cobenzl-Idee
gefallen, dann müsstest Du so lieb sein und mir dort ein gutes Zimmer
sichern. Sei nicht böse, wenn ich Dich damit bemühe, aber von meinen
Leuten ist niemand in Wien, meine Wohnung geschlossen und für Dich ist
es ein Spaziergang. Wenn Du ein Zimmer für mich bestellst, dann bitte
telegraphiere es mir, ansonsten erwarte ich Deinen Brief – Deine Wünsche
Keinesfalls bleibe ich, wenn nicht in abschbarer Zeit ein zeitweises
Zusammensein mit Dir möglich allein im Ausland. Da ja aber Deine und
meine Wünsche sich in dieser Richtung treffen dürften, so sehe
ich Deiner Antwort mit einiger Zuversicht entgegen.

Denk Dir ich habe von Dir und Carly noch keine Zeile bekommen und das
verstärkt mein Verlassensein-Gefühl. Nur ein paar Bankbriefe kamen
am 5.Tag an. Ich habe dem Portier in Häringsdorf einen sehr warmen
"Händedruck" gegeben und so hoffe ich Montag vielleicht nachgesandte Nachricht zu
haben.

Der Brief ist grauenhaft geschrieben, aber ich fühle mich doch noch
nicht ganz wohl, habe immer Herzklopfen und meine Hand zittert ein wenig.
Ich hoffe, Du verstehst meine Verfassung – Traurigkeit über den dummen
Buben, den ich doch so gern hab, Müdigkeit, Nervosität und – warum