Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 1. Juli 1923

Wien, Sonntag 1. Juli 1923.

Mein Freund,

Ich habe noch kein Lebenszeichen von Dir, und ich habe
das Gefühl, dass Du sehr sehr fern bist. – Ich werde auch kaum mehr
schreiben, denn bei dem Umweg über die Sternwartestrasse würden Dich
meine Zeilen doch nicht mehr erreichen. Du hättest express oder tele¬
graphisch Nachrichten senden müssen.

Ich habe viel zu tun, damit sich nicht alles in der letzten Woche zu¬
sammendrängt. Besorgungen, Abschiedsbesuche, Passvisum etc. Gestern war
ich leider nicht im Wintermärchen, da Carly, der den Auftrag hatte, keine
Karten bekam. Wir wollen heute zum »König von Paris« mit Korff.

Dienstag bin ich mit Sektiosnchef Byk in Mödling. Ich fahre um 1/2 11 hi¬
naus und bin vor 8 Uhr wieder zuhause. Donnerstag bist Du wohl zurück?!
Hoffentlich bringt die morgige Frühpost einen Bericht von Dir oder
wenigstens ein paar Zeilen.

Ich fahre am 14. fort und weiss noch immer nicht genau wohin. Es wird
wohl Heringsdorf sein.

Glückliche Heimkehr und auf Wiedersehen! Ich weiss nicht, wohin ich
meine Grüsse senden soll oder richtiger meine Gedanken – denn ich
weiss nicht wo Du bist. Jedenfalls sehr weit – -

Deine

K.