Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 3. Juli 1923

Bade[n]-Baden. 3.7.1923.

Gestern Abend, Liebe, als ich von einer schönen Schwarzwaldwanderung,
Bühlerhöhe, heimkam, unter manchem andern beträchtlich weniger Sympathi¬
schem Dein freundschaftlich-befangener Brief, für den ich Dir minder be¬
fangen die duftenden Hände und Lippen küsse.

Mein Aufenthalt hier verläuft völlig ungetrübt. Lage, Installation
des Hauses übertrifft meine Erwartungen. Der kleine Kreis von Menschen,
den ich kennen gelernt, von Niveau. Die Atmosphäre der kleinen Stadt, die
ich von meinem Fenster weit überschaue, wie die Landschaft freundlich
und wohltuend. Jedenfalls bleibt diese Wahl die beste Lösung, die gefun¬
den werden konnte, insbesonders mit Rücksicht auf die Kinder und eine
beträchtliche Erleichterung aller in dieses Schicksal einbezogenen
Existenzen.

Meine grossen Ausflüge mache ich durchaus allein. Die Gegend ist
entzückend und Du hast mir eigentlich viel zu wenig davon erzählt. Ich
bleibe noch bis Ende der Woche und denke Sonntag in Wien zu sein. Na¬
türlich schreibe ich noch vorher. Auf ein gutes und schönes Wiedersehen

Dein

A.