Zwischenbemerkung, 1897–1916


wurde von Beiden zu einem Besuch aufgefordert. Mehr aus Neugierde als
aus Bedürfnis kam es zu diesem Besuch, denn die O. hatte mir gleich bei
diesem ersten Zusammentreffen einen wenig sympathischen Eindruck gemacht.
Eine grosse, starkbusige Frau mit einem sehr weissen Ghettogesicht und
von unleidlicher Affektation. Mein Eindruck verbesserte sich nicht, als
ich in das Haus in der Sternwartestrasse kam. Sie nannte A. immer »Väter¬
chen« und benahm sich, als ob sie auf der Bühne Salondame spiele, aber auf
einer Provinzbühne. A. sah ich nur flüchtig, er schien eher zappelig
und wie von dem Wesen der Gattin nicht eben angenehm berührt. Entzückend
war die kleine Lili im schwarzen Samtkleid. Sie war – es muss im Jahre
1914 etwa gewesen sein – ungefähr 5 Jahre alt und glich damals sehr ihrem
Vater.

Der erste unbewusste Kontakt zwischen A. und mir wurde vielleicht
im Frühling 1915, im ersten Kriegsfrühling, hergestellt, als ich ihn zufäl¬
lig wieder am Graben, aber diesmal allein traf. Er sagte mir, ich sei sehr
schön geworden und seine Augen strahlten mich an. Ich war überrascht von
dem Ausdruck dieser Augen.

Im Sommer 1916 – er war mit seiner Familie in Alt-Aussee –
besuchte er mich ohne vorherige Ansage in Ischl, wo ich eine Sommerwohnung
gemietet hatte. Es waren Gäste bei mir (Thury's) und wir verabredeten,
dass ich ihn und seine Familie einmal in Alt-Aussee aufsuchen würde.

Als ich bald darauf mit meiner Schwägerin hinüberfuhr, verstän¬
digte ich ihn und seine Frau, dass ich mich freuen würde, wenn sie mich
beim Seewirt abholen oder treffen würden. Sie kamen auch wirklich. Die
O., die (sehr geschmacklos für Alt-Aussee) in eine himmelblaue Battistwol¬
ke mit grossem himmelblauen Hut gekleidet war, entschuldigte sich sofort
bei mir, sie hätte bereits eine Verabredung mit anderen Menschen, aber
A.S. bat mich einen Spaziergang mit ihm zu machen. Wir gingen den Prome¬
nadeweg nach Markt Aussee und sassen auch längere Zeit auf einer Bank. Er
wollte immer von mir hören, womit eigentlich mein Leben erfüllt sei und ich