Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 12.–18. Juli 1931

TAGEBUCH ab 12.7.1931

Neuerliche Verschiebung unserer Abreise um einen Tag,– angeblich weil
seine Familie erst dienstag den 14, zu ihm kommen kann anstat am 13,
(Julius Geburtstag) Offenbar ist es wegen der Cl. die für 2 Tage nach Tal¬
heim ist und Montag noch zu ihm kommen will. Sie rief mich heuchlerisch
an mir einen guten Sommer wünschen – sie fährt am 15, auf ein Schloss nach
Böhmen zu Freunden.

Ich schlage A. vor doch diese gezwungene Semmering- Fahrt aufzugeben. Da¬
rauf grosse Scene: ich mache aus allem eine Affaire- seine scheinbare
Lieblosigkeit, sei nur sein Wesen, sein Alter etc. Niemand stehe ihm
näher als ich. Schwüre die ich garnicht verlangte – er habe kein anderes
Interesse, keine andere Beziehung, ich verwechsle Ursache und Wirkung.
(Der Name »Cl.« wurde nicht genannt. Ich kann nicht mehr weiter-

15.7 Grosse Hitze. Einpacken. Besuch bei Anni D. Kinder entzückend.

Mittag bei A. mit Prf. Schinnerer und Frieda.

N. M. Frieda Bieogr. dictiert dann weitergepackt. Trotz Erschöpfung kein
Schlaf.

16.7. Abreise. Wetter abgekühlt. A. hatte angeblich wieder Üblichkeiten
in der Früh. Sitzen, eben zu Fünft im C[o]upé. A. sieht elend aus. Befang[e]n¬
heit schlechtes Gewissen und der Zustand seines Herzens. Er brauchte Ruhe
und nicht Konflikte. Aber ich bin machtlos.

17.7 Kühles unsicheres Wetter. (in der schönen Zeit war man in Wien)
Spaziergang zur Meierei. Geberden von Höflichkeit, – kaum Freundlichkeit.
Ich unbeschreiblich müd. Vor und nach Tisch geschlafen. N. M. Regen.

»Ruf des Lebens« gelesen den A. umarbeitet. Sehr schönes Stück mit grossen
Fehlern im 2. u 3. Akt. – Abend trostlos. Gieng A. am Hochweg entgegen.
Dürftige Gespräche gieng zeitlich zu Bett. A. blieb in der Halle.

18.7. Trüb. A. kam in der Früh in mein Zimmer um mir die Benützung sei¬
nes Badezimmers anzutragen. Ich sagte »nein«. Alma (Werfel) angerufen. Sie kommen Mon¬
tag Mittag herüber. Vormittag Spaziergang Liechtensteinstrasse bei Regen.
Abend Vorstellung der Ballett Schule Godlevsky. Wir sahen bis 12 U. zu.