Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 12. November 1930

Berlin, 12.11.1930. Hotel Esplanade.

(nach Wien)

Mein Liebes, eine Chronik vorerst! Gute Reise bis 3 Uhr Früh, dann
nicht mehr geschlafen. Ankunft bei Regenwetter. Hotel angenehm,
kleines Zimmer mit grösserem Badezimmer, allerlei Telefonierei. Mit¬
tag bei O. mit dem jungen Ehepaar, das gut aussieht und sich auf die
Wohnung freut. Im Hotel bei mässigem Befinden gelesen »Kathrin wird
Soldat« (von Andrienne Thomas, recht fesselnd). Versuch eines mir un¬
bekannten Dichters mich zu sprechen, Sendung von Manuscripten. Hinein¬
geschaut; -Blödsinn.-

Im Schillertheater mit O. und Ruth Clavigo zum Teil gute Vorstellung.
Heini als Buenco besonders gut. Nachtmahl im Esplanade.–Nach
Mitternacht zu Bett. – Wieder zu wenig geschlafen.–Telefonirt, dis¬
ponirt. Winterlicher Tag mit einiger Sonne.–Die beiden Filminteres¬
senten (N. und Schröder melden sich, der letztere allerdings durch
seine Secretärin als abwesend). -

Bei S. Fischer – Die history of Reigen ist im Bureau übersetzt worden.
aber S. F. will sie nicht drucken, denn er hat Angst – gerade durch die
Vorrede – könnte Confiscation und andere Unannehmlichkeiten provocirt
werden. Aber, man denke, den Reigen selbst will er doch erscheinen lassen.
(Ich glaubs noch nicht). Vorbesprechung mit ihm, Bernann und Kayser
(Redakteur der Rundschau) wegen der (noch nicht angebracht angelang¬
ten) Novelle. Anderes verlegerisches. Freundschaftlicher Ton. Auch
Eipper erscheint.

Mittagessen bei Michaelis; woselbst auch Dr. Billiter, der mit Michae¬
lis eine Patentsache für Amerika zu erledigen hat. Viel über »meine«
Amerikareise. Zurück mit den zwei Herren, ein wenig in den Strassen, ge¬
bummelt, um 5 wieder im Hotel.

Heute Abend steht der »Bürger Schippel« bevor; morgen Abend mit
Fischers bei Michaelis; – an den folgenden »Elisabeth von England«,