Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 3. Januar 1930

Berlin, 3.1.1930. Hotel Esplanade.

Eben, mein Liebes, komm ich von einem angenehmen Alleinbummel durch die
Stadt (die schöne Schinkelgegend) mit abschliessender Gallerie (Marces,
Böcklin, Menzel) ins Hotel zurück, finde Deinen sehr lieben Brief vom
1. und danke Dir herzlich. Heute Abend seh ich mir das Seltsame Zwi¬
schenspiel an; – gestern hat mich Elisabeth angerufen, ich sehe sie heute
in der Gardeobe und bin in den nächsten Tagen bei ihr in Dahlem. Sie
fährt Mitte Jänner – nicht nach London, sondern nach Budapest und Wien
(Semmering). Von »Else« war noch nicht die Rede. Klein kommt Montag
nach Berlin. »Spiel« bisher nur von Frankfurt a. M. zur Aufführung be¬
stimmt. – Jetzt erwart ich Heini und Horch zu ziemlich wichtiger Bespre¬
chung, bei der nichts herauskommen wird. Jessner wird nach dem kata¬
stophalen Durchfall des Sylvesterabends kaum mehr bleiben können. Er
ist das würdige Gegenstück zu dem Wiener Direktor (von dem ich hin¬
sichtlich »Gang« (Gang z. Weiher gemeint) noch nichts gehört habe.)

Gestern nach Arnoldos Abreise ein Tonfilm »Melodie des Herzens« – man¬
ches stumme hübsch – doch fehlte die Musik, die Menschenstimmen absolut
unerträglich.

Tausend innige Küsse Dein A.

Sonntag telefonier ich.