Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 4. Januar 1929

An A.S. Berlin.

Wien, 4.1.1929.

Mein Liebes,

eben habe ich mir Deinen Brief vom 3. aus dem Kastel
geholt, da Sophie nicht zuhause ist. Ich begreife gar nicht, dass Du
an diesem Morgen keinen von mir hattest. Denn ausser am 31. schrieb
ich Dir täglich.

Heute Vormittag war ich also wieder einmal in »Wien«,
ich kam mir schon wie das Lentscherl vom Land vor und blieb vor allen
Auslagen stehen. Ich gab meine Weihnachtsschuhe gegen einen Bon
beim Schuster Kardos ab, da er meine Grösse nicht vorrätig hatte, dann
fuhr ich zu Laufer (1 S.20), um noch eine Kleinigkeit wegen des Man¬
tels zu besprechen. Um 1 Uhr war ich mit der Elektrischen natürlich
wieder zuhause und um ½2 kam Baron P. zu Tisch, der mich Neujahr an¬
rief und mir sagte, dass er Mittags am ehesten herauskommen kann. Er
war von der Wohnung begeistert, sagte, er sei froh, dass ich es so schön
und gut habe. Wir sprachen sehr viel von Dir und dann über Religion,
Katholizismus etc. Uebrigens kennt er Frau Czapo, die gestern bei mir
war und was ich von allen Seiten über sie höre macht sie mir nicht
sympathisch. Sie hat eine Bridgestube im Hotel Royal in der Singer¬
strasse mit sehr schlechter Gesellschaft etc.

Nun, Liebes, muss ich Dir noch sagen, dass ich gerührt
bin, dass Du mit Elisabeth B. über mein Stück gesprochen hast. Wenn
sie das Stück verlegt hat, könnte sie sich das stück von Kahane ge¬
ben lassen, der es auch hat. Oder hältst Du es für besser das nicht
zu erwähnen? Viel wichtiger aber ist es, dass die »Else« zustande
kommt. Am besten wäre Elisabeth käme bald nach Wien. Jetzt ist
»Freiwild« überall angeschlagen als »Meisterfilmwerk« von A. S., was
ich saudumm finde. Es wäre richtiger gewesen nach einem »Jugendwerk von
A. S.« Meisterwerk kann man bei der »Else« sagen. Ich warte mit dem