Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 9. Oktober 1928


sie habe mir einen Betrag angewiesen, um über die nächsten Wochen
hinwegzukommen. Und ich habe sie so gern und bin von ihrer Liebe
zu mir so überzeugt, dass es mir nichts ausmacht ihr dankbar zu
sein. So bin ich doch der ersten und ärgsten Sorgen enthoben. Ich
wollte es Dir zuerst nicht schreiben und erwähnte es nicht in mei¬
nem gestrigen Brief. Aber nun scheint es mir doch unaufrichtig es
zu verschweigen. Auch will ich nicht, dass Du Dir unnütz Gedanken
um mich machst. Hoffentlich wird sich schliesslich alles einrenken
lassen.

Heute war ich schon um ¾ 10 bei Ferda Bloch wegen des
Hery und ich glaube, er wird tun, was nur irgendwie möglich ist. Er war
reizend zu mir.

Es ist ganz unrichtig, dass das letzte Bild bei Deinem
Stück (»Der Zug der Schatten«) als unerlässlich empfunden wird. Es
ist nur charakteristisch für Dich und für ein Stück von Dir, dass
es nach dem Schluss noch dieses Bild gibt. Und wenn Du noch ein
paar Farben aufsetzst, die noch fehlen, so wird man es gewiss nicht
als ein Anhängsel, sondern vielleicht als einen wundervollen Aus¬
klang empfinden. Auf die Längen in der Logenszene (be¬
sonders zwischen E. und Exgemahlin) und um den Tod Franzis herum
habe ich Dich gleich aufmerksam gemacht. Am wichtigsten ist aber
der Schluss vom 3. Bild, der eigentlich die Erklärung und das Licht für
das ganze Stück bedeuten muss.

Was Du mir über die Unzulänglichkeit des Wortes sagst,
hat auch nicht meinen Beifall. Man kann Worte, die nicht ausgespro¬
chen werden, weder auf ihre Zulänglichkeit oder Unzuläuglichkelt
hin prüfen. Auch kommt es darauf an, ob sie sich von den Lippen oder
aus dem Herzen lösen.