Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 18. August 1928

Hohenschwangau, 18.8.1928. Morgen.

Mein Liebes, die Reise ist gut verlaufen; in München habe ich nichts
anderes getan als nach Frühstück im Rheinischen Hof, mit Heini zwei
Stunden allein in den Strassen umhergelaufen. Um 1 ging der Zug nach
Füssen, wir kamen bei Regen an, bei Regen auch in Hohenschwangau; -
das Hotel wie ichs in Erinnerung hatte; -mir ist als hätt ich eine gute
Wahl getroffen; -Behaglichkeit ohne jeden Luxus; -die Landschaft,– heute
ists kühl und sonnig, besonders schön.–Die Nacht tief geschlafen. Von -
9½ bis 5, mit peinlichem Kopfweh erwacht; noch bis 7 geduselt.–Mein
definitives Zimmer bekomm ich erst Mittag, mit Bad, auch dieses provi¬
sorisch und schönem Blick, höher als dieses, in dem ich eben gefrüh¬
stückt habe. Direction und Personal sympathisch, Publikum belanglos.
Natürlich absolut kein Bekannter oder Landsmann.

Heute werde ich wohl Vormittag nach Füssen spazieren; es ist mir ein
guter Gedanke, dass Du vor Jahren ein paar Wochen dort gewohnt
hast. Ich hoffe Du atmest am Semmering ein wenig auf, – für Dich und für
mich. Weiter will ich heut nichts von mir sagen.

Ich umarme Dich von ganzem Herzen. Dein

A.