Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 27. Juli 1928

Wien, 27.7.1928.

Mein Liebstes, Du ahnst nicht mit welchen Gefühlen ich Dich heute
fortfahren sehe, wie klein, wie erbärmlich ich mir vorkomme, so
nichts, gar nichts für Dich tun zu können. Da ist man sich so nah, so
innig verbunden, wie es nur zwei Menschen, die sich lieb haben, sein
können und in solchen Stunden muss man hilflos abseits stehen.
Wenn gute Gedanken, die für mich ein Gebet bedeuten, etwas helfen kön¬
nen, dann müssen die meinen Lili gesund machen. Wenn sie nur lebt,
dann wirst Du sicher das Richtige finden, um sie zu retten. Ich möchte
dort sein und sie pflegen dürfen. Glaub mir, es gäbe keine bessere
und verlässlichere Pflegerin. Ich weiss, das ist alles Unsinn, was
ich da schreibe und ich habe ja kein Recht dazu. Aber es ist nur
aus dem Bedürfnis heraus Dir zu sagen, wie ich mit Dir fühle und
dass Deine Sorgen und Schmerzen auch die meinen sind. Ich werde
in jeder Sekunde des Tages mit all meinen Gedanken und Wünschen bei
Dir sein, das kannst Du mir glauben.

Deine

Clara Katharina.