Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 17. April 1928


wir begnügten uns mit einer Fahrt zur Villa Mon repos. Wunderbarer
ganz verwahrloster Park mit weitem Blick übers Meer. Glycinien und
Schwertlilien; -grüne Matten mit Frühlingsblumen.-Der Kutscher (zwi¬
schen 9 und 19 Jahren) wollte uns beim Aussteigen um eine Stunde
belügen – da die griechische Zeit um eine Stunde vor geht.–Auch in die
Festung fuhren wir ein; und besahen das innere der Kirche zum heili¬
gen Spiridion. Von einer Fahrt ins Innere und Weitere der Insel wurde
uns dringend abgeraten wegen schlechter Strassen und Gaunerei der
Kutscher.–Und das Schiff ging um 6 abends wieder ab.–In Corfu kam
der italienische Consul an Bord den Forestieri seine Aufwartung
machen – er hatte gehört, dass Arnoldo mit der Ueberwachung eines
an Bord befindlichen Socialisten betraut sei!!- Eine Art Schwimmbad:
ein Riesentub durch einen Schlauch mit Meerwasser versetzt ist auf
Deck, in dem sich ein fröhliches Völkchen (3-6) tummelt; ein dazu¬
gehöriger Berliner wandelt auch nachher mit Bademantel und Brille
deckauf und deckab.–Mein Befinden ist gut, doch fühl ich mich nicht
sonderlich frisch. Die erste Nacht schlief ich sehr gut, die beiden
nächsten nicht so sehr; träumte auffallend viel. -Seit damals (12 Uhr
Abfahrt) keinerlei Kunde von der Aussenwelt – das Radio ist hier
etwas bequem, ich glaube auf diesen Gesellschaftsreisedampfern
wird man nicht ganz ernst genommen und der Kapitän selbst nimmt
weder die Passagiere noch sich selbst ernst.

Wir wollen jetzt ein wenig an Land mit dem Motherboot – die Küste
liegt etwas dürftig da – mit verstreuten Hügeln und traurigen Häu¬
sern, die sich zusammengetan haben, um Katakolon zu heissen und nie¬
mand weiss, ob sie auf der zweiten oder dritten Silbe betont werden.
Morgen in Athen hoff ich die ersten Nachrichten und jedenfalls eine
von Dir zu finden. Widerlich und dumm sind die Passgeschichten.-
Gestern eh man ans Land durfte, musste man sich anstellen und sich