Wien, 8.12.1927.
An A.S. nach Berlin.
Liebster,
das heutige Morgengespräch (vor einer Stunde) war recht
gestört und als man sich endlich wieder hörte hattest Du offenbar
die Geduld verloren und ich habe ein nicht ganz angenehmes Gefühl
zurückbehalten. Gut, dass eben Dein lieber Brief vom 6. eintraf. Ich
entnehme, dass Du jedesfalls in guter Stimmung und Verfassung und
mit Deinem Berliner Aufenthalt sehr zufrieden bist. Hoffentlich
bringst Du doch ein oder zwei Filmusachen zum Abschluss. Hättest Du
dem Fett-Fleck nicht etwas entgegenkommen sollen? Dagegen finde ich,
dass Du gegen Verlag F. zu sachsichtig bist. Da solltest Du einmal
gründlich Deine Meinung sagen und eventuell Konsequenzen ziehen.-
Ich hab so viel zu erzählen, dass ich erst gar nicht anfange. Der
gestrige Abend (Penklub) trotz der grossen Liebenswürdigkeit Aller
mir nicht sympathisch. Ich fühle mich diesen Menschen innerlich gar
nicht zugehörig. Bei Tisch (an kleinen Tischen) mit Baron Winter¬
stein. Ganz animiertes Gespräch. Am selben Tisch Gisela B., Gretl Königs¬
warter und ein Dr. Rosner oder so ähnlich. Kurze gute Tischrede von
Salten, endlose französische Antwort von Fischmann. Das beste Franzö¬
sisch leidet bei Zungenanstossen und fettigem Judentum. Längere fran¬
zösische recht nichtige Rede von Claude Anet. Ein französisches Ge¬
dicht von Marcel Dunan, vorgetragen von Aslan, der schöner französisch
spricht als Anet. Ob das Gedicht gut war weiss ich nicht, man war vom
Klang berauscht. Du kamst i[n] dem Gedicht vor, das eine Lobpreisung
Wiens war. Man sah mich an, ich wurde rot. Alles übrige lass ich für
unser Wiedersehen am Samstag. Felix S., der auch sehr herzlich zu mir
war, will Dich und mich nächste Woche zu sich bitten. Im Volkstheater
keinen ungünstigen Eindruck in meiner Stückangelegenheit. Man hat es
mir nicht zurückgegeben. Angeblich hat es jemand in Händen (Amtsgeheim¬
nis), der sich dafür interessiert. Ich danke Dir sehr, dass Du mit