Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 4. Dezember 1927


Lloyd George (oder Grey) treten persönlich auf, – der Czar und die Czarin,
sowie die Hofdame (die neulich in der Neuen Freien Presse ihre Memoi¬
ren veröffentlicht hatte) (von Sybille Binder gespielt) und natürlich
Rasputin treten auf; – es ist gewissermassen eine Revue, die sich tra¬
gisch gebärdet und ohne nackte Frauen. – Lang kann der Schwindel nicht
währen.

Ins Restaurant (wie Tags vorher) Grill am Zoo, kamen dann Heini mit Elisabeth
und Czinner, der schon gestern angekommen war.–Es wurde ein Rendezvous
zu Filmszenariumsaussprachen für Montag Abend verabredet (an dem E.B.
nicht spielt).

Nun kommt eben noch Dein rekommandierter Brief von gestern, der über den
Preis ungefähr berichtet, was ich eine Stunde früher telefonisch von Dir
erfahren. Du selbst kannst natürlich vorläufig in der Angelegenheit
nichts weiter tun, Du musst Dinge und Leute an Dich herankommen lassen.
Wie weit man ihnen auch entgegengehen soll, das wird der Verlauf der
nächsten Tage lehren.

Mein Befinden ist nicht übel, – nur Kopfschmerzen besonders beim Aufstehn,
wohl auch von der Luftheizung (trotz offener Fensterspalte) – Das Wet¬
ter heller, winterlich schön. Ich fahre zu Dora, wir wollen im Grunewald
spazieren gehen; eventuell besuch ich auch Fulda, dann esse ich bei
Pieterkowsky (die ich bisher noch nicht gesehen) mit Heini und O.
Den Abend voraussichtlich mit Viki und Mimi, die nun mit Jakob und Martha
in der gleichen Pension wohnen.

Lebwohl für heute, mein Liebes; wenn ich auch erst Ende der Woche in Wien
sein dürfte- ich habe Dich geradeso lieb, als wenn ich schon heute abreiste-
und immer lieber, je mehr Du es verstehst.–Ich drücke Dich mit aller Innig¬
keit an mein Herz. Dein

A.