Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 3. September 1927


Im Grand Hotel in Gardone 3ten September 1927

(In Arthurs Zimmer gelegt)

Meine Hoffnung, dass doch in letzter Stunde, irgend ein erlösendes
Wort von Deinen Lippen kommen, eine impulsive Herzlichkeit, mir den
Glauben an ein Gefühl – von dem ich höre, von dem ich aber nichts
bemerke, wiedergeben würde, ist entgiltig geschwunden und ich möchte da¬
her morgen wenn ich halbwegs reisefähig bin, nach Wien zurückkehren, da
dieses Nebeneinander zu einer Qual geworden ist, der ich mich nicht län¬
ger gewachsen fühle.

Deine klugensachlichen Reden zur Vertheitigung deines Standpunktes wa¬
ren ganz ausgezeichnet geführt und ich werde mir in Wien alles ebenso
kühl sachlich, wunschgemäss durch den Kopf gehen lassen.

In meiner inneren allgemeinen Auffassung (den speziellen Fall ausschlies¬
send), wird sich nie und nimmer etwas ändern, aber ich werde die Situati¬
on verstandesmässig erwägen und sehen, ob ich diese »Freundschaft« doch
vielleicht heiter lächelnd hinnehmen kann, da ja solche Erschütterungen
auch das eigene Wesen und die persönliche Einstellung zu ändern vermö¬
gen.

Sollte ich mich aber trotz allem meiner nicht sicher fühlen, dann werde
ich Entschlüsse fassen und noch vor deiner Ankunft in Wien zur Durchfüh¬
rung bringen, die Rückzüge unmöglich machen. Vielleicht ist mir meine Woh¬
nung dazu behilflich, aber ich sehe auch andere Möglichkeiten.

Jedesfalls muss dieses Thema für uns erledigt sein, da ich weder mir den
Vorwurf machen möchte, deine Arbeitskraft zu hemmen, noch selbst an die¬
sen Scenen zu Grunde gehen will. – Meine ganze Schuld, wenn von einer sol¬
chen die Rede sein kann war Liebe, und inwieweit sie eine Schuld gewesen, wird
die Zukunft lehren.

Ich hoffe und wünsche dass du die unangenehmen Tage hier, – in Venedig