Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 13. August 1927

Campo di Carlo Magno, 13.8.1927.

(nach Schloss Neudorf, bei Wildon, Stmk.)

Mein Liebes, so nämlich heisst der Ort – der aus paar Häusern besteht-
dem schönen Hotel und der Räuberhöhle, die mit dem Hotel gar nichts
zu tun hat, aber ungefähr ebenso theuer ist. Mein Zimmer (aller¬
dings wie üblich in der Saison zweibettig) mit Frühstück – 40 Lire!
Die Aussicht allerorten sehr schön und die Luft herrlich. Aber lie¬
ber der Reihe nach. Die Reise war ganz bequem; Umsteigen in Inns¬
bruck – Gepäck (auch das grosse) wurde im Zug während der Fahrt (pein¬
lich genau, – von uns so gut wie gar nicht – ich sehe offenbar be¬
sonders vertrauenerweckend aus) revidiert. Bozen Frühstück Laurin.
Gar nicht voll, aber sehr teuer. Zimmer ohne Bad 35 Lire – und da
hatte man mir schon 17 nachgelassen. Neuer Direktor, neuer Portier.
Steffenelli erwartete mich schon vor dem Hotel; – der Verunglückte,
Totgesagte war thatsächlich er selbst. Ein Auto (Wiener Amateur)
fuhr in seines hinein, das er schon zur Sicherheit in die Wiese di¬
rigiert hatte; – er war sogar abgestiegen,– er kam unters Auto zu
liegen, -brach beide Beine, 2 Monate Krankenlager, Auto beim Prozess
gegen den Schuldigen, der plötzlich stirbt, unabsehbar.-
Zwei neue Autos auf Credit; – schlechte Geschäfte, wie heuer überhaupt; -
der Stand der Lire ergibt sich immer wieder und immer mehr als eine
Katastrophe.-

Mit Steffenelli im Greifen gemachtmahlt. Gestern (Freitag) über
Mendel, -Malé (bis dahin kennst Du den Weg, den zauberhaften; von Malé
noch eine ½ Stunde hier herauf. ½1 Ankunft; – Zeledria; mit O. und
Frau Pieterkowski gespeist, die Herren Dr. P. allein; und Hei¬
ni mit dem Sohn waren auf Touren,– Mich Nachmittag an das Zimmer
gewöhnt; später bei P.'s im schönen Hotel auf dem Balkon; Dr. P. kam,
Spaziergang mit ihm nach Campiglio und weiter. Campiglio selbst nichts
weniger als verlockend, eine Art kleiner Kurort – allzu geschützt
gelegen, hatte den Ort von 1903 her gut in Gedächtnis behalten, war
nur eine Nacht lang da gewesen; – von der Mendel (wo meine Mutter