Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 28. April 1927

Venedig, 28.4.1927.

Liebste, nur ein paar Worte heut, es ist wohl die letzte Nachricht, die
Du von mir bekommst. Sonntag Früh hoff ich daheim zu sein (weiss
nicht genau zu welcher Stunde der Zug ankommt), rufe Dich gleich an
und sehe Dich, wenn die Ankunft nicht zu spät erfolgt, noch am Vor¬
mittag wieder. Meine Freude wird nicht geringer sein, wenn Dein lie¬
bes Gesicht etwas schmäler und blässer sein sollte. Von Wohnung
hier und dergl. erzähl ich Dir alles mündlich – es scheint, dass
wir einen besonders günstigen Fund gemacht haben und es ist in jedem
Sinne vortheilhaft, dass die Wohnung schon Ende Juni (vielmehr
gleich – aber das kommt nicht in Betracht) beziehbar ist. Möblierung
und so weiter wird freilich keine einfache Sache sein und Neuanschaf¬
fungen auch bei grösster Beschränkung unumgänglich. Der Transport,
die Uebersiedlungskosten werden nicht so hoch kommen, als ich ge¬
fürchtet – das Amt A.C.'s wird (von Tarvis aus) seine Schuldigkeit
tun.

Heute waren wir am Lido, langer Spaziergang, Mittagessen wieder
im Stabilimento am Meer. Jetzt eben bei Sonnenuntergang war ich
allein auf dem Campanile, habe eben erst bei der Rückkehr Deinen
nicht numerierten, jedoch sechsten Brief gefunden. Ich bin sehr
froh, dass Du frei von Anfällen bist; den andern Gallensteinen
in meiner Nähe gehts nicht so gut – sowohl Helene (diese besonders)
als Gisa klagen über Schmerzen. Briefe wurden mir ziemlich viele
nachgeschickt, keiner von Bedeutung, aber auch kein unangenehmer da¬
runter; – von Paul Czinner ein hinhaltender; – angeblich erfindet er
eben eine neue Technik, ohne die man Else nicht verfilmen kann.
In Hinsicht auf Geraldy–Zsolnay bin ich nun nach Deinem heutigen
Brief eher optimistisch. Mit Brahm wird sich in Hinsicht auf die
Mimi gewiss nichts machen lassen. Er hat nicht den geringsten Ein¬
fluss auf Annahmen. Die einzige Chance seh ich in einer direkten