Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 9. September 1926


Darmbeschwerden, die mich ein bisl hernehmen. Cary hat Tierkohle bei
Wellesz entwendet und mir eben gebracht. Es bleibt dabei, dass ich
Samstag Mittag nach Wien fahre und ich hoffe sehr Dich dort bald zu
umarmen. Dass Du von Fischer noch immer nichts hörst, bringt mich zur
Rassrei. Hast Du schon an ihn geschrieben? Ueber Deine Frage »wo Dein
Weizen blüht«, habe ich lachen müssen. Ich glaube, jetzt in erster
Linie bei der Badener Novelle, von der ich mir sehr viel verspreche.
Wenn Du den Schluss jetzt dort fertig machst, könnte sie in 3 Wochen
druckreif sein, im Oktober in einer Zeitung (ich danke Vossische)
und Weihnachten in Buchform bei Zsolnay erscheinen. Oder Zsolnay
soll das Diagramm für Weihnachten, die Novelle für das Frühjahr fertig
stellen. Bitte lache mich nicht aus, aber man muss diese Dinge tem¬
peramentvoller betreiben. Ich hätte an Deiner Stelle schon nach drei
Wochen dem Herrn Fischer meine Meinung gesagt oder eine Antwort ur¬
giert. Die "Therese" muss spätestens zeitlich im Frühjahr in einer Zei¬
tung und womöglich noch vor dem Sommer als Buch erscheinen. Filme, sol¬
che wie sie das Publikum oder richtiger die Filmgeschäftsleute wollen,
müsstest Du ganz nebenbei aus dem Aermel schütteln, ohne Zeit und
Kraft daran zu verschwenden und Dir Einfall und Namen bezahlen lassen.
So, jetzt habe ich Dir eine menge Ratschläge gegeben, die Du leider alle
nicht befolgen wirst. Auch wahrscheinlich nicht den – sobald Du mit
der Badener Novelle und »Therese« fertig bist, Dich dem grossen hi¬
storischen Drama Kaiser Josef zuzuwenden – und doch fühle ich ganz
genau, dass Du Dich darin ganz entfalten würdest, weil es Dir alle
Möglichkeiten gäbe. Jetzt bin ich aber sehr müde und gehe schlafen.
Gute Nacht, mein Liebes, auf ein gutes Wiedersehen und einen schönen
Winter, der dieses Sommers würdig wäre. Ich umarme Dich tausendmal

Deine C.K.