Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 27. Juli 1926

An A.S. nach Adelboden.

Wien, 27.7.1926.

Mein Liebes,

nun bist Du schon 4 Stunden unterwegs und ich hoffe sehr,
dass Du Deine Kopfschmerzen ganz los geworden und in Deine Pläne ver¬
tieft bist. Zum Reisen ist ja das Wetter sehr angenehm und morgen kommst
Du vielleicht bei Sonnenschein an. Ich bin heute auch in keiner guten
Verfassung und ich möchte schon diesen grauen Tag zu Ende gewurstelt
haben und fest schlafen. Morgen wird es vielleicht auch hier wieder
heller und sommerlicher sein.–Bis Mittag habe ich in allen möglichen
Laden und Kasten, in meinen Rechnungen und Bankbriefen Ordnung gemacht.
Nach Tisch habe ich mich zwei Stunden am Divan ausgestreckt, weil ich sol¬
che Rückenschmerzen hatte, aber kaum eine Viertelstunde geschlafen. – Ich
habe viel an Dich und über Dich nachgedacht und es tut mir so leid, dass
Du um ein Nichts aus einer glücklichen Stimmung und einem ausgesprochenen
Wohlbefinden heraus plötzlich in solche Depressionen gleitest. Ich
weiss sehr wohl, dass Du zu diesen Depressionen von jeher veranlagt
bist, aber Du müsstest eben mit Rücksicht darauf die Erreger oder die
Veranlassungen bekämpfen, d.h. Deinen Brauch eindämmen, um Sorgen in die¬
ser Richtung auszuschalten.

So würde ich Dir z.B. raten einfach dort zu erklären, dass
Du heuer keine grossen Reisen zahlen kannst. O. und Lili sollen bis
2. September noch in irgend einem billigen Ort in der Schweiz bleiben,
wodurch die Fahrten in den Süden entfallen und Du kommst am 15., wenn
Heini fort ist, nach Golling, wo wir 14 Tage in dem guten billigen Gast¬
hof bleiben könnten. Es wäre eine Ersparnis von vielen vielen Millionen.
Wenn Du in Deinem Haus wohnen könntest, würde ich sagen komm nach Wien
am 15. August. Wenn es so hübsch würde, wie es jetzt die ganze Zeit war, wenn
wir ein paar Ausflüge zusammen machten, so bin ich ganz zufrieden und
sehne mich gar nicht fort. Du wirst nur wegen der Arbeiter im Haus nicht
wollen.

Ich sage gar nicht, dass ich nicht Reisen, Luxembourg und
jeden Lukus liebe, es wäre schrecklich unaufrichtig von mir das zu be¬