Reise-Tagebuch ab 19. Juni 1925.
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Abreise von Wien, Hotel Regina um ½2 mit D-Zug. Cary noch bei mir im
Hotel, brachte mir Rosen. Ich fühle immer mehr, dass er das Beste, viel¬
leicht das Einzige ist, was ich wirklich habe. Trennte mich schwer von
ihm, obwohl es doch nur 14 Tage sein sollen.
Fredi war auch an der Bahn. Auch ein lieber guter Kerl, nur sehr ver-
fahrenes Leben. Hoffentlich findet er sich noch zurecht.
Fahrt sehr angenehm mit einem Herrn verplaudert, dessen Namen ich nicht
kenne, aber seine Frau, die in Wien am Perron war, habe ich als Mädel
bei Taussigs getroffen (Tochter des Bürgermeisters Grübl). Sie er-
kannte mich auch und er benützte das Anknüpfungspunkt, übersiedelte aus
einem andern Coupé in das meine und wir sprachen 7 Stunden lang sehr
angeregt zusammen. Er bedauerte, dass ich nicht nach Paris weiter fuhr,
was er offenbar gehofft hatte. Er sagte, ich sehe aus wie jemand, der
nach Paris fährt. Er scheint früher Diplomat gewesen zu sein (2 Jahre
in Japan und China), jetzt in einer Industrie.
Hier in Salzburg bei trübem kalten Wetter angelangt. Brief von Arthur
vorgefunden. Freundlich, herzlich, aber nichts, was ich nach den letzten
schmerzlichen Differenzen und seinen Abschiedsworten erwartet habe.
Jedes Wort wieder gemessen, überlegt. Er wünscht mich natürlich zu
treffen (in Innsbruck) und ich werde fahren, denn ich müsste ja nicht
mehr wohin mit mir (zu spät, andere Dispositionen zu treffen), aber er
hat mir jede Freude an dieser Reise genommen.
Salzburg 20. Juni. Heftige physische Unbehagen, wie so oft in letzter
Zeit. Grosse Müdigkeit, Herzklopfen, Schmerzen im Kreuz. Lag um 9 Uhr im
Bett und bin heute erst um 10 Uhr aufgestanden. Einen Brief an A. ge
schrieben. Bummel durch die Stadt und an der Salzach entlang. Wetter