Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 5. Februar 1926


Dank!« Wir standen an das Klavier gelehnt in meinem Wohnzimmer
und ich riet Dir sehr von mir ab. Tut es Dir leid, dass es nichts
genützt hat? Mir nicht! Trotzdem fühle ich mich aber nicht sehr
glücklich. Es ist als ob man auf einen Berg hinaufstüge mit
dem Gefühl nie die höchste Höhe zu erreichen – Sehnsucht nach oben
und Angst plötzlich abzustürzen oder ermüdet liegen zu bleiben.
Manchmal war der Gipfel schon so nah, dass ich ihn schon ordentlich
leuchten sah und dann rutschte man wieder ein paar Schritte zurück
und war weiter denn je – – Ich könnte Dir noch sehr viel über
das alles sagen, aber wenn Du mich verstehen willst, hast Du mich
längst verstanden, also wozu noch mehr Worte machen. Wir haben uns
lieb, das ist wahr. Aber es könnte schöner, besser und – froher
sein! Ich möchte mit Dir an einen fernen Strand in der Sonne
wandern und ich möchte überhaupt noch viel, sehr viel – – Jetzt
warte ich, dass Du kommst und auf das überlegen spöttische Gesicht,
das Du machen wirst, wenn Du diese Zeilen liest – – – Aber es
könnte sein, dass ich einmal lache, und das wäre schade. Küsse mich!
oder sag rasch was Nettes.