Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 23. Januar 1925

Wien, 23.1.1925. Hotel Regina.

An A.S., Schweiz.

Liebster,

vorgestern Nachmittag kam Deine Karte vom Züricher Bahn¬
hof mit der Mitteilung, dass Du schon einen Tag früher ins Engadin
fährst und heute Früh eine Karte vom 20.1. am selben Tag aus St.
Moritz. Ich bin vor ½ Stunde Vom Zsolnay-Verlag zurückgekommen. Paul
Zsolnay empfing mich mit grosser Liebenswürdigkeit, Herr Kosta war
dabei. Sie sagten, es werde sehr schwer möglich ein bis zum Frühjahr
noch etwas herauszubringen, sie seien komplet – überbürdet etc.
Ich sagte, wenn es auch schwer ist, so ist es doch nicht unmöglich, wo¬
rauf er lachend meinte: »Unmöglich« nicht. Ich bekomme in 10-14 Tagen
Antwort. Er sagte, er habe schon sehr viel von mir gehört, auch durch
Felix Salten. Zuhause rief ich gleich F.S. an, der charmant war. Er
behauptet allerdings, gar keine Stimme im Verlag zu haben etc.

Mir tut nur leid, dass ich Paul Zsolnay nichts von den
Géraldy-Gedichten sagte, denn die Stimmung war günstig. Aber ich hatte
es total vergessen.

Ich habe übrigens in den letzten Tagen alle Gedichte
durchgefeilt, bei manchen ganze Strophen frisch gemacht. Seit gestern
ist sehr kalt, so dass einem auch das Herumlaufen verleidet ist. Hof¬
fentlich hast Du es dort sehr schön und angenehm und erholst Dich
von allen Strapazen. Ich denke, Du kommst wohl jetzt auch ein wenig
zum Arbeiten. Der »Weiher« -

Ich habe vorläufig gar kein Programm. Meine Nerven und
ich brauchen entschieden eine Auffrischung.

Gestern Nacht hatte ich einen so entsetzlichen Traum,
dass ich in Schweiss gebadet und laut stöhnend erwachte. Ich werde
ihn Dir erzählen, aber zum Schreiben ist er zu lang und zu fürchter¬
lich. Lebwohl, bleib gesund, es umarmt Dich Deine C.K.