Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 13. August 1924

Celerina, 13.8.1924.Früh.

(nach Selisberg).

Liebstes, eben Dein Brieferl vom 11. mit dem Vierblättrigen -schönsten
Dank und die Geschichte Deines Abenteuers, das Du -vorsichtig -gleich
Dein »erstes« nennst (Villard kenn ich übrigens, sehr schön, in der
Nähe des Genfersees). – Ich hingegen hatte gestern einen stillen, arbeits¬
versunkenen Tag. Vormittag im Wald; Nachmittag in meinem Zimmer. Am
Weiher ist doch mehr zu tun als ich gedacht; die Verse sind höchst
ungleich. Auch mangelt es an Klarheit in einzelnen Szenen. Ich habe viel
notiert: wo es nicht stimmt weiss ich nun ganz genau. – Abend kam im
Auto der Baron Alfred Winterstein (mit Dumbas, die Du gewiss kennst)
an. Ueberdies gab es im Kino, das ich selbstverständlich nicht ausliess:
ein Kletterfilm, nach der Natur aufgenommen – sehr aufregend, obzwar man
ja ziemlich sicher sein konnte, dass den Leuten nichts geschehn würde.-
Oh Du Kind – mit Deinem irrenden Gefühl, dass ich Dir »ferner rücke«, weil
ich viel mit andern Menschen zusammen bin. Kennst Du mich noch immer so
wenig?

Ich fahre heute nach Chur, bin aber wahrscheinlich schon am frühen Nach¬
mittag zurück und stürze mich in den 3.Akt.

Nachgesandte Post aus Wien; – alles beim alten. Von Herterich keine
Nachricht.–Fischers kommen Montag aus Waldhaus Flims herüber – er hat
gestern geradezu zärtlich telefoniert. Leb wohl Liebstes, sei innig
umarmt von

Deinem A.