Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 10. August 1924


das Essen war mässig und dauerte endlos. Ein schweizer Jüngling von
einem Nachbartisch versuchte zu flirten, aber ich verhielt mich trotz¬
dem ich mich sehr langweilte ganz passiv. Ich habe noch keinen geeig¬
neten Ruhepunkt für meine Augen gefunden. Aus der Halle tönt die Nach¬
mittagsmusik herüber, aber ich kann's erwarten den lieben Bekannten in
die Arme zu laufen.

Die Sonne macht eben schüchterne Versuche heraus zukommen, vielleicht
sollte man sich südlicher wenden, ihr entgegenfahren – Ach, was sollte
man alles und tut es nicht, bis es zu spät ist.

Mein Brief ist nicht sehr heiter merk ich, aber ich bin es hier auch
nicht. Leb wohl, mein Liebes, ich möchte einen Augenblick zu Dir hinü¬
berschauen können ohne dass Du es weisst, oder – bei Dir sein können
und dass Du es weisst. Ich küsse Dich sehr. Deine

Clara Katharina.