Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 23. Juli 1923

Weimar, Hotel Erbprinz, 23.7.1923.

Mein Freund.

Eben Montag Früh kommt Dein lieber Expressbrief vom
21., das erste Lebenszeichen seit meiner Abreise und wenige Minuten
später Deine Zeilen vom 18., die mir mit der übrigen Post von Härings¬
dorf nachgeschickt wurden.

Ich entnehme Deinen Mitteilungen, dass Du jedenfalls zwischen dem 6.
und 7. August nach Deutschland kommst und somit hat meine Reise nach
Oesterreich im Zusammenhang mit Dir keinen Sinn. Ich hätte es nur dann
in Betracht gezogen, wenn Du länger in Wien geblieben und direkt in die
Schweiz gewollt hättest. So aber ist es am besten, ich bleibe bis 28.
Früh hier, fahre nach Baden-Baden und bleibe 8-10 Tage im Waldpark¬
sanatorium Heinzheimers. Vielleicht können wir uns dort oder in der
Umgebung eine Stunde sprechen, ehe Du Deinen Sohn triffst. So lange Du
mit ihm bist werde ich jedesfalls ganz ferne bleiben und mir genügt
das Bewusstsein, dass Du in der Nähe sein wirst und irgendwie rasch te¬
lefonisch oder brieflich erreichbar. Die Idee mit Felberg im Schwarz¬
wald lockt mich sehr und ich will mich nachher gleich im Reisebureau
erkundigen, ob ich besser von hier oder Baden-Baden hin gelange, um es
mir anzusehen. Ich muss jedenfalls nach Baden-Baden, da ich mir von
dort aus die Ausreisebewilligung der Czechoslowakei (ich bin ja Cze¬
chin), in die Schweiz und die Einreisebewilligung in die Schweiz ver¬
schaffen muss und Geld hin dirigieren werde, das mich hier nicht mehr
erreicht. Von Baden-Baden aus möchte ich dann nach Feldberg oder an
den Bodensee und Dich da oder dort erwarten, wenn Du Deinen Sohn ver¬
lässt und dann – möchte ich zeitweise mit Dir zusammen -zeitweise
in greifbarer Nähe sein.

Ich habe nirgends so gut wie hier verstanden, dass Du viel allein sein
musst. Mir ist hier überhaupt vieles klar geworden. Hauptsache ist, dass
ich wissen und fühlen muss, ob mein Vorhandensein in Deinem Sommerplan
Dir Wunsch und Bedürfnis ist, wenn nicht – dann verschwinde ich für