Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 21. Juli 1923

Wien, 21.7.1923.

Liebste Clara Katharina, als ich gestern von einer kleinen Autofahrt
mit Dr. Lichtenstern (Hotel Radetzki, Hubertushof), wo wir nachtmahlten,
zurückkamen, fand ich Deine Depesche – und eben in früher Morgenstunde
kommt Dein Brief. Im Grunde bin ich nicht erstaunt, ja mir ist, als
hätt ich's vorausgewusst, dass Du in Heringsdorf nicht aushalten wirst.
Allerdings der Termin Übertrifft meine Erwartungen. Weimar wird
Dir eine rechte Erholung sein; vielleicht wählst Du einen thüringer Ort
für die nächsten Wochen oder Tage? Bodensee hätte vor allem das Bad für
sich, es gibt ja (sieh nur im Bädecker nach) so vieles ausser dem Insel-¬
Hotel, das jetzt wahrscheinlich auch Riesenpreise haben dürfte. Aber die
Auswahl ist ja so gross – es kann Dir nichts passieren. Meine vorläu¬
figen Pläne, mit Heini circa 6. oder 7. in Hundseck über Baden-Baden zu-
sammenzutreffen, vielleicht kleine Fusswanderung mit ihm, zwischen 14. und
17. an den Bodensee und zwar würde ich Friedrichshafen wählen, das noch im
Württembergischen liegt, wodurch ich die bayrischen Schikanen (Einreise¬
bewilligung, Aufenthaltsgenehmigungen etc) vermiede. Von Friedrichshafen
nach Constanz ist nur eine Stunde, und von Friedrichshafen kommt man
über Rohrschach am bequemsten in die Schweiz. Am bequementen von da aus
läge das Engadin. Doch das möchte ich heute noch nicht festlegen. Immer
wäre der Schwarzwald in Betracht zu ziehen, der ja unermesslich reich
an hübschen Orten ist. Willst Du Dir jetzt etwas im Schwarzwald anzehen,
so wäre vielleicht an das höchst gelegene Feldberg (über 1200 m) zu den¬
ken, wo es ein vortreffliches Hotel geben soll.–

In meinem Hause ist es jetzt wirklich fabelhaft still, wenn nicht Film¬
leute es mit ihrem Lärm erfüllen. Schon drei Besprechungen liegen hinter
mir; die Korrektur der Affichen ist ziemlich beendet. In der nächsten
Woche erscheinen Interessenten aus Amerika und Frankreich, mit denen ich
persönlich unterhandeln muss, weil ihre Wünsche hinsichtlich Adaptionen
etc. wahrhaft ungeheuerlich sind. So wünscht der französische Bewerber,
dass der Medardus begnadigt wird – der Amerikaner nichts Geringeres,