Im Zug nach Häringsdorf, 17.7.1923.
Mein Freund. Ich bin froh von Berlin fort zu sein, obwohl ich mich
gar nicht auf Häringsdorf freue, höchstens auf das Meer, das ich sehr
liebe. Die zwei Tage in Berlin waren schrecklich ermüdend, die Stadt
ist mir sehr unsympathisch.
Gestern Vormittag war ich bei Direktor Feilchenfeld, habe auch einen
Gruss von Dir bestellt, obwohl Du mir keinen aufgetragen hattest. Er
scheint sehr entzückt von Dir, was mich eher sympathisch
berührte – – – Er hat fabelhaft für mich gewirtschaftet, wenigstens
bisher. Trotzdem habe ich mir in B. nur einen Hut gekauft, denn die
Preise sind irrsinnig. Ein Kleid 7 bis 17 Millionen und lange nicht
so schön wie in Wien. Ueberhaupt Wien! Wir sollten nie über Wien
schimpfen und froh sein, dass wir dorthin gehören.
Eine Fleischspeise kostet 75–80.000 Mark und ist lange nicht so
gut wie bei »Gruss« oder beim »Auge Gottes« der beim »Schutzengel« – --
Ich hoffe sehr morgen Nachricht von Dir zu haben, dann kriegst Du
gleich einen langen Brief.
Das Schreiben hier ist sehr mühsam, der Zug wackelt sehr und ein Kind
hat »Schluckerchen«, – wir sagen Schnackerl in Wien und ich finde das
Ganze berlinerisch degoutant, es geht mir direkt auf die Nerven.– Ich
denke Deiner mit »einiger Herzlichkeit« (Schnitzlerische Ausdrucksweise)
und küsse Dich.
Deine
Clara Katharina.
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Die Gegend, durch die wir fahren, ist reizlos – ich habe sonst Flach¬
land gerne, aber dieses strömt Langeweile aus. Grüss mir den Sommer¬
haidenweg.