Zwischenbemerkung, 1916–1920


gab ihm zu verstehen, dass ich eine Beziehung in München gehabt hatte und sagte
nur lächelnd: »ich bin in den alten Jahren oft in dieser Stadt« gewesen.
Verschwieg aber, daß diese Beziehung längst zu Ende war.
Ich frug ihn natürlich auch, wie er sich in seiner Ehe fühle und er meinte, sie sei
nicht besser und nicht schlechter, wie alle Ehen nach so und so vielen
Jahren. Ich hatte aber schon damals den Eindruck, dass hier nicht alles
stimmte. – Da ich mit meiner Schwägerin verabredet war, so musste ich
ihm nach einer Stunde etwa Adieu sagen, um den Zug nach Ischl zu erreichen.

Im darauffolgenden Winter kam das Ehepaar einmal unangesagt
mir meinen Besuch erwidern. Da ich aber mit einer Angina zu Bett lag,
konnte ich sie nicht empfangen. Hie und da schrieb ich eine Ansichtskarte
aus München oder von irgend einem andern Ort an A.S. und bekam auch
von ihm manchesmal einen Gruss von irgend einer Reise.

Erst im Jahre 1919 traf ich ihn wieder in Ischl in der Nähe
des Kaisergartens, als er eben von einem Mittagessen bei der Gräfin Wyden¬
bruck kam. Es war ein Regentag, er trug ein langes grünes Cape, wir
sagten uns gegenseitig ein paar freundliche Worte und als er mich frug,
ob er mich vielleicht irgendwo treffen könnte, besprachen wir uns am Nach¬
mittag beim Zauner zu sehen. Ich erfuhr später einmal, von ihm, dass er
tatsächlich dort gewesen sei, mich aber in dem furchtbaren Gedränge nicht
entdeckte und angeekelt von der Menschenmenge davongelaufen sei.

In diesem selben Sommer war ich mit meinem Sohn Karl in Mün¬
chen und auf der Rückfahrt stiegen zufällig Olga S. und ihr Sohn Heini
in Salzburg in unser Coupé und hatten ihre Platzkarten genau uns gegen¬
über. So waren wir durch mehrere Stunden gezwungen miteinander zu sprechen.
Sie war namenlos grossartig und affektiert, sagte, sie sei allein in Gas¬
tein gewesen und sie brauche solche Eheferien. Beim Aussteigen bespra¬
chen wir sehr höflich uns wieder zu besuchen, haben es aber beide nicht
mehr getan.

Im Jahre 1920 wurde es in Wien bekannt, dass O. ihren
Gatten wegen des Kapellmeister Gross verlassen hatte.