Hugo von Hofmannsthal an Marianne Benedikt, 16. April 1897


junge anfangende Schriftsteller die mich um das¬
selbe hätten bitten können. Ob es gescheidt oder
dumm ist, vom ausserliterarischen Standpunkt, so
etwas drucken zu lassen, das muss ein 22jähriges
Mädel selber wissen und jedenfalls ist es nicht
meine Sache, ihr da dreinzureden. Was ich in dem
Prolog ausgedrückt habe, geht nicht über das hi¬
naus, was ich bei solchen Sachen, wie diese, oder
wie früher einmal das Tagebuch der Marie Basch¬
kirtseff, wirklich empfinde: dass es wirklich
recht merkwürdig ist, wie stark in unserer Zeit
Frauen oder Mädeln von dem Spiegelbild ihrer
selbst fasciniert und dadurch aus dem naiven
starken Empfinden hinausgestohlen (gestossen) werden. Warum
soll mir also die Geschichte Unannehmlichkeiten
bereiten? Das verdient man doch nur wenn man ge¬
logen oder entstellt hat, ich habe aber wirklich
nichts gesagt, als was ich auch denke, nur dass
es in Versen ernster klingt. – Es thut mir so leid,
liebe gnädige Frau, dass wir uns wegen einer ganz
fremden Sache so unangenehme Briefe schreiben, es
passt gar nicht zu uns und am wenigsten zu der
sehr herzlichen dankbaren Verehrung und
Zuneigung, die ich für Sie habe. Wenn ich dächte,
dass Sie Ihren Brief wirklich in sehr grosser Eile
geschrieben haben, würde ich Sie gerne bitten mir
noch eine Zeile jetzt zu schreiben, wenn nicht,
bitte ich aber nicht darum.

Ihr

Hofmannsthal.

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Macht mich offenbar
»Minni« zuliebe älter.
Es könnt aber auch sein,
daß ich mich für Hugo älter
machte um ihm
zu imponieren.