Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 13. Oktober 1928

13.10.1928. Berlin.

Mein Liebes, ich schreibe Dir gleich nach unserem Telefongespräch, um
Dir zu sagen, wie sehr ich mich freu, dass die Wohnungsangelegenheit
so günstig – und doch am Ende vorteilhafter geregelt ist, als Du es noch
vor wenigen Wochen erwarten konntest. Selbst abgesehen von der in Hin¬
sicht auf uns so angenehmen Lage, hättest Du wohl nun eine etwas Bessere fin-¬
den können und ich gratuliere Dir und mir zu dieser Lösung und umarme
Dich von Herzen.

Von gestern also hab ich nachzutragen, dass ich gegen Mittag in den
»Universal pictures« war. Herr Kohner offenbar etwas unsicher gemacht,
die hiesige Censur hat auf seine Anfrage erklärt, dass sie Spiel im
Morgengrauen unter jeder Bedingung verbieten werde. Nun (etwas spät)
studi[e]rt Herr Biro meine Werke und Dienstag will man mir einen bestimm¬
ten Vorschlag machen. Am lebhaftesten denken sie jetzt angeblich an
Casanovas Heimfahrt.–Am Montag Vormittag soll ich mir den letzten
Film von Kohner vorführen lassen (opportunistischer Weise kann
ich nicht ablehnen) – Finanzielles wurde nach wie vor nicht berührt,
kurz ich sehe der Sache ohne allzu starke Erwartungen entgegen.
Heute Abend bin ich mit Hartung und Frau bei O. zusammen (nach dem
Theater), Sonntag Mittag bei Dora; vorgestern war ich in der Oper bei
Oedipus, der hier viel stärker wirkt als in Wien (Heini war ein vor¬
züglicher Sprecher) und »Geschichte vom Soldaten«, gleichfalls
von Strawinski (sehr merkwürdig). Ich war mit Viki, der Musik¬
kritiker beim Tempo ist. Hab ich Dir schon geschrieben, dass ich neulich
bei Viki und Mimi, die sehr hübsch dem Tiergarten gegenüber wohnen, zum
Mittagessen war- Von Herrn Kohner hab ich noch zu bemerken, dass er
Ende nächster Woche zu Jakob nach Altaussee fährt (auf seine Burg ge¬
laden). – Rudolf Lothar hat mich neulich in seinem amerikanischen Wagen
aus dem Hotel abgeholt.-

Betrieb und Treiben hier wächst ins gigantische, die meisten Theater
gehen glänzend; nie, – das bezieht sich freilich nicht auf die Kunst,