Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 27. Dezember 1926

Berlin, 27.12.1926. Hotel Esplanade.

(nach Wien.)

Mein Liebes, das war heut Früh eine kurze Freude am Telefon –
ungefragt wurde die Leitung unterbrochen und ich hatte so wie
Du das Nachhören. Ueber die Thatsachen bist Du immerhin unterrich¬
tet; nachzutragen wäre, dass die Lulu (Erdgeist und Büchse der
Pandora) eine sehr gute Vorstellung war, das Stück wie immer eine
zuweilen durch die theatralische Kraft des Autors einheitlich
und künstlerisch wirkendes Gemisch von Genialität, Colportage und
Pedanterie. Heini spielte sehr nett die kleine Rolle des Gymna¬
siasten Hugenberg. Nachtmahl mit Heini, Frau K. und Tochter,
sowie Herrn Moringer (siehe Forte di Marmi). (Freund von Fr. K.)

Wieder gut durchgeschlafen von 2–8, obwohl ich mich im ganzen nicht
übermässig wohl befinde (meist leichte Kopfschmerzen). Heute
Vormittag in der Bank; Feilchenfeld in Wien, sein Vertreter Popper
wenig erfreuliche Mittheilungen über mein Konto – rasch tritt
das Deficit den Menschen an.– Das Fischersche Bureau, S.F. ist heute
Früh Grossvater einer Enkelin geworden. – Gespräch mit ihm über
(sein und mein) Ohrenleiden, über das Diagramm, den schlechten Bücher¬
verkauf – dann mit Maril über die Nichtaufführungen meiner
Stücke; – über all das mit einer gewissen Herzlichkeit und nicht
ohne Humor. »Das Spiel im Morgengrauen« will S.F. erst im April
bringen.

Im Hotel sprach ich Freud (der hier zwei seiner Söhne besucht).
Mittagessen mit Heini. Eine Stunde etwas müde auf dem Divan. Nun
liegt das Filmszenarium der Liebelei vor mir, in dem ich die
Texte ändern soll. Frau Hegewald sollt ich besuchen; – nach dem
gestrigen Gespräch mit den zwei Filmleuten, bei dem sich heraus¬
stellte, dass weder sie noch Frau H. irgend etwas von meinen Sachen
kennen – Frau H. nicht einmal die Liebelei! die sie verfilmt; –
die Herren die Else und die Traumnovelle nicht einmal dem Namen