Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 13. Oktober 1925

Berlin, Hotel Esplanade, 13.10.25.

(nach Wien, Peregring.)

Liebste, nur ein kurzer Morgenbericht über den gestrigen Tag. Telefon¬
gespräche, ein kleiner Spaziergang, Kopfschmerzen, Mittag im Hotel. Bar¬
nowsky. Später Heini. Gespräch, in dem ich meinen Standpunkt präzisier¬
te. Die Besetzung stünde so ziemlich fest und ist zum Theil sehr gut.
Den Max werd ich morgen sehn, – ein Herr Alexander. Heut seh ich Abend
die Brod (im Grabbe). B. findet,– wenn nicht Aurelie, so könnt sie,
ja müsste sie Judith spielen. Für Aurelie wäre, so weit man sich auf
deutschen Bühnen umschaut – thatsächlich nur Fein – oder Heims da.

Gestern sah ich mir nun abend noch in Shaws Methusalem Frau Hofer
(die geschiedene Gattin Barnowskys) an, die allerlei Qualitäten hat,
aber nicht genug, und nicht die wichtige für Aurelie. Heute nach dem
Theater ausschlaggebende Besprechung mit B. (der persönlich wie meistens
sehr angenehm wirkt).

Gestern plötzlich ein Telegramm aus Venedig, dass man heute – nach
Wien reise. Ich telegraphierte, dass ich meinen letzten Vorschlag
(München ev. Berlin) aufrecht hielte.-

Heut Vorm. geh ich zur Generalprobe Liebelei; mittags mit Heini zu Dora.
Von Fischer eben Einladung nach Grunewald in die Villa, konnte mich na¬
türlich nicht binden, da ich in den nächsten Tagen probeweise einige
Szenen mit Max (Alexander) vorgespielt bekommen dürfte.

Nach dem Theater gestern einsam in der Esplanade-Bar genachtmahlt; -
alles macht den Pirandello-Rummel mit.

Lebwohl, und wisse, all dies ist nur Chronik, nicht Brief. Aber ich
hoffe, es ist Dir lieber als nichts. – Meine Stimmung, wie Du Dir den¬
ken kannst, recht mässig.

Ich umarme Dich innig. Dein A.