Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 13. März 1925

An A.S. nach Berlin.

Wien, 13. März 1925. Hotel Regina

Liebster, -

ich hätte Dich gerne um ½3 Uhr noch angerufen – meine
Hand zuckte nach dem Telefon – aber ich hatte Angst, dass Lili im Zim¬
mer ist, unsere conversation konventionell oder gequält ausfällt und die
schöne Abschiedsstimmung von heute Vormittag zerstört.–So liess ich
es sein und schreibe Dir dafür diese Zeilen, die Dich wohl Sonntag errei¬
chen werden. In Deutschland gibt es, glaube ich, eine Sonntagspost.

Um 3 Uhr habe ich Paul W. telefonisch gesprochen. Dassel¬
be Lied Er findet die Movelle ganz ausgezeichnet, hätte sie am lieb¬
sten an Stelle der jetzigen gebracht, was aber aus inhaltlichen Gründen
nicht ging, hat noch keine Gelegenheit gehabt mit Dr. B. zu sprechen
und wieder liebenswürdige Versprechungen, dass ich in einigen Tagen
Nachricht bekomme und meine Novelle eventuell nach der jetzigen kommt.
Inzwischen wird mir wohl Deine Novelle sieghafte Konkurrenz machen,
da bin ich schon im Voraus erschlagen.

Jetzt erwarte ich B., über dessen » gefährlichen« Besuch
ich Dir auch noch erzähle, ehe ich diesen Brief schliesse. Um 8 Uhr
kommt die Schneiderin und dann hoffe ich auf einen guten Abend und
auf eine gute Arbeitsstimmung.

So! – jetzt bin ich wieder bei Dir. B. ist um ¾ 6 er¬
schienen und hat mich eben 7 Uhr wieder verlassen. Wir sprachen über
die Ausstellung in der Sezession, über die »Anatol« -Aufführung, über
meinen Sohn Karl, über Hotels in Gardone, über die Ehescheidungen mei¬
ner Vettern Karl und Georg v.T., über einen Abend bei Königswarter
etc. Beim Fortgehen sah er mich etwas länger als nötig mit Hände¬
druck an und auf meinen erstaunten Blick sagte er: »Weil Sie mir sehr
gut gefallen, was Sie übrigens sehr genau wissen.« Daraufhin ging er
und dies ist alles. Ich zeigte ihm Deine Silhouette, die er sehr gut