Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 28. Juli 1923

Wien, 28.7.1923.

Liebste Clara Katharina, ich hoffe mein Expressbrief vom 26. hat Dich
in Weimar noch erreicht oder ist Dir nach B.-B. nachgesandt worden.
Dein Brief vom 24. (wo Du von Bode und Gundolf schreibst) kam gestern.
Vielen Dank! Ich also meinerseits fahre Donnerstag oder Freitag (oder
Samstag – hängt von "Sascha" ab) nach Salzburg – und zwar auf eine
dringende Bitte Stefan Zweigs, der mich mit dem bei ihm wohnenden Ro¬
main Rolland persönlich zusammenbringen möchte. (Ich stand mit R.R.
während des Kriegs kurze Zeit in Korrespondenz). Diese Gelegenheit
will ich nicht versäumen. Diese Anwesenheit R.R. in Oesterreich soll
vorläufig "vertraulich" behandelt werden, weiss nicht warum. Am 5., 6.
oder 7. fahre ich weiter über Stuttgart, bin aber spätestens 8. in
B.-B. Ich halte es für wahrscheinlich, dass meine ganze Familie auch
dort sein wird; incognito in B.-B. anzukommen ist technisch undurch¬
führbar, so sehe ich Dich also jedenfalls erst nachher. Meine Ankunft
voraussichtlich Abend – also wohl am nächsten Vormittag. Deine Ab¬
reise von B.-B. zu überhetzen liegt wohl kein Grund vor? – Geldknapp¬
heit braucht Dir keine Sorge zu machen; in B.-B., wo ich bei Rheini¬
schen Bank akkreditiert bin, habe ich zur Verfügung so viel ich will
(und Du natürlich auch).

Wo ich in Salzburg absteige weiss ich noch nicht; – einen Brief nach
Wien (express) müsstest Du spätestens Montag absenden, damit er mich
noch sicher erreicht; – das wird kaum mehr möglich sein. Vorgestern
Abend war ich mit Dr. Liechtenstern und Frau im Hubertushof, heute sind
sie per Auto nach den Dolomiten abgereist.

Im Ganzen verleb ich ziemlich ruhige Tage, bin meist bis zum späten
Abend zuhaus, – in der nächsten Woche werde ich allerdings viel in der
Stadt zu besorgen haben. Mit der Arbeit geht es vorwärts – nicht so
sehr was das Niederschreiben anbelangt; sondern hinsichtlich innerer
Klärung.